Immer wieder lassen sich Verbraucher vom Versicherungsvertreter ihres Vertrauens am Telefon eine Police aufschwatzen. Solche Verträge darf man widerrufen.
Versicherungsvertreter nutzen gerne die Gunst der Stunde. Ein Beispiel: Sie rufen ihre Kunden an, erzählen ihnen etwas über steigende Beiträge für einzelne Versicherungssparten und preisen dem treuen Bestandskunden die einmalige Chance an, jetzt sofort einer Vertragsverlängerung für weitere drei Jahre zuzustimmen. „Dieses Vorgehen ist Standard“, sagt Versicherungsberater Stefan Albers. Der Kunde wird geradezu „überfallen“ und hat keine Chance, sich richtig zu informieren, geschweige denn, bei anderen Anbietern nach vergleichbaren Policen zu suchen, die vielleicht günstiger sind, ohne sich gleich drei Jahren binden zu müssen.
Es gibt viele andere Beispiele, in denen es Versicherungsvertreter nicht so genau nehmen mit ihrer Beratungspflicht. Diese ist laut Versicherungsvertragsgesetz (VVG) aber vorgeschrieben. „Beraten werden muss über alle bedeutsamen Umstände des jeweiligen Versicherungsvertrages, wobei dieses Gespräch schriftlich dokumentiert werden muss”, sagt Torsten Bendig, Fachanwalt für Versicherungsrecht. Die Qualität eines Beratungsgesprächs bleibt aber fraglich, wenn der Versicherungsnehmer auf den spontanen Anruf gar nicht vorbereitet ist und keine Chance hatte, sich vorher mit der Materie zu beschäftigen. So kann er auch keine konkreten Fragen stellen.
Der Vertreter ist ein Verkäufer
„Vertrauen macht unvorsichtig“, hat Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erfahren. Viele Verbraucher sind seit Jahren mit ihrem Versicherungsvertreter bekannt, nicht selten wird dieser auch geduzt. „Man vergisst, dass dieser Berater aber ein Verkäufer ist“, sagt Weidenbach. Er erhält eine Provision aus abgeschlossenen Verträgen.
„Auch mündlich geschlossene Verträge sind gültig“, sagt Bendig. Nach dem Gespräch sendet der Versicherungsvertreter dem Kunden den Antrag zu, der zu unterschreiben ist oder die aktualisierten Versicherungsunterlagen, die keine Unterschrift erfordern. Auch ein Beratungsprotokoll erhält der Kunde, dass er ebenfalls unterschreiben muss. „Viele verzichten darauf“, sagt Weidenbach. Das ist fahrlässig, denn das Protokoll ist ein Beweisdokument. „So hat der Kunde bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen in Folge fehlerhafter Beratung Schwierigkeiten, die Falschberatung nachzuweisen”, weist Bendig darauf hin.