Berufsunfähigkeit kann schlimme finanzielle Folgen haben. Deshalb ist es wichtig, sich dagegen abzusichern. Typische Denkfehler sollte man besser korrigieren.
Jeder vierte Arbeitnehmer muss vorzeitig seine Erwerbstätigkeit einschränken oder ganz aufgeben, das zeigen die Statistiken der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Problem: Die staatliche Erwerbsminderungsrente gibt es praktisch nur noch, wenn man komplett erwerbsunfähig ist. Wer noch mehr als sechs Stunden täglich arbeiten kann – egal in welchem Job – hat keinen Anspruch auf Leistungen.
Kann man drei bis sechs Stunden Teilzeit arbeiten, zahlt die Rentenkasse höchstens 20 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Selbst bei voller Erwerbsminderung sind die Rentenleistungen aber eher bescheiden, weshalb eine private Berufsunfähigkeitsversicherung dringend geboten ist. Doch weit verbreitete Fehlannahmen verhindern den Abschluss.
Irrtum 1: Ich bin noch jung, ich brauche keine BU-Police
Vorsicht! Unfälle oder Krankheiten können auch in jungen Jahren auftreten. Die Statistik besagt, dass jeder neunte Betroffene jünger als 40 Jahre ist. Junge Versicherte genießen den Vorteil geringer Beiträge. Ein 30-Jähriger zahlt zum Beispiel für eine garantierte Monatsrente von 1.500 Euro keine 50 Euro im Monat, etwa bei der Nürnberger, Bayerischen und Gothaer.
Irrtum 2: Ich sitze im Büro, da passiert mir nichts
Auch Büroangestellte können berufsunfähig werden. Stress, Überforderung, Mobbing sind Hauptursachen für seelische Leiden. Jede dritte Berufsunfähigkeitsrente geht bereits auf psychische Erkrankungen zurück. Damit sind Büroangestellte körperlich anstrengenden Berufen wie Bauarbeiter oder Krankenschwester dicht auf den Fersen. Möglich ist aber auch, dass Bewegungsmangel Rückenprobleme verursacht und daraus eine Berufsunfähigkeit erwächst.
Irrtum 3: Die staatliche Rente reicht aus
Die Geburtsjahrgänge ab 1961 erhalten seit 2001 keine Berufsunfähigkeitsrente mehr. Diese heißt jetzt Erwerbsminderungsrente und ist deutlich schlechter. Bei voller Erwerbsminderung gewährt der Gesetzgeber höchstens noch ein Drittel des letzten Bruttogehalts – oft weniger.
Die Leistungen sind äußerst bescheiden: Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland beziehen derzeit eine Erwerbsminderungsrente. Diese lag in den alten Bundesländern 2017 im Schnitt bei 771 Euro pro Monat, in den neuen Bundesländern bei 793 Euro. Damit liegen die Erwerbsminderungsrenten deutlich unter der vom Statistischen Bundesamt ermittelten, aktuellen Armutsgrenze von 1.063 Euro.
Irrtum 4: Ich habe genug Geld
Eine Fehleinschätzung, der vor allem die Erbengeneration unterliegt. Wer Geld oder ein Häuschen von Oma oder den Eltern geerbt hat, der steht zunächst finanziell gut da. Doch kommt es früh zur Berufsunfähigkeit, ist der Kapitalbedarf groß: Wer mit 47 berufsunfähig wird und dann bis Rentenbeginn mit 67 Jahren nicht mehr arbeiten kann, der muss 20 Jahre mit seinem Geld auskommen.
Monatliche Ausgaben von zum Beispiel 1.500 Euro summieren sich über diese Zeit zu einem Betrag von 360.000 Euro. Im aktuellen Zinstief fällt leider auch der Zinseszins als Spargehilfe aus. Das Vermögen kann schneller zu Ende sein als gedacht. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt hingegen bis zum vereinbarten Alter.
Irrtum 5: Ich habe eine Unfallversicherung – das genügt!
Falsch. Nur zehn Prozent aller Berufsunfähigkeitsfälle haben ihre Ursache in einem Unfall. In 90 Prozent der Fälle resultiert die Berufsunfähigkeit aus einer Krankheit – und da zahlt die
Unfallversicherung nicht.
Irrtum 6: BU-Leistungen werden mit Erwerbsminderungsrenten verrechnet
Auch das ist falsch: Die Leistungen aus der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente fließen auch bei Bezug einer privaten Berufsunfähigkeitsrente in vollem Umfang. Negativ können sich aber eigene Erwerbseinkünfte auswirken. Lohn oder Gehalt kann mit der gesetzlichen Absicherung verrechnet werden. Die Berufsunfähigkeitsversicherung bleibt hingegen außen vor.
Irrtum 7: Ich kann mir keine Berufsunfähigkeitsversicherung leisten
Das muss nicht sein. Ausreichender Schutz ist bereits für wenig Geld zu haben. Das gilt vor allem, wenn man in jungen Jahren einsteigt. Ist die Prämie zu hoch, kann eine geringere Rentenleistung den Beitrag drücken. Die meisten BU-Verträge sehen vor, dass man später, wenn das Einkommen gestiegen ist, die Leistungen erhöhen kann. Auch ein Vertragssplitting bietet Sparmöglichkeiten. Dabei wird die Versicherungssumme auf zwei getrennte Policen aufgeteilt. Die eine läuft dann beispielsweise bis zum 57. Lebensjahr und versichert 750 Euro Monatsrente.
Die andere läuft bis zum 67. Lebensjahr und sichert ebenfalls 750 Euro ab. Vorteil: Bis 57 ist voller Berufsunfähigkeitsschutz sichergestellt, danach reduziert sich der Leistungsumfang um die Hälfte. Die kurzlaufende Police ist deutlich günstiger als die länger laufende. Endet die kurzlaufende Police, überbrückt die zweite, teurere Police die Mindereinnahmen bis zur Altersrente. Der geringere Schutzumfang ist in diesem Alter für die meisten Versicherten verkraftbar.
Irrtum 8: Ich kann bestehende Erkrankungen unter den Tisch fallen lassen
Vorsicht! Weniger Vorerkrankungen können zwar zu einer günstigeren Prämie führen, doch im Ernstfall wird der Vertragspartner Ihre Krankenakte sehr genau studieren. Stellt er Unregelmäßigkeiten zwischen Ihren
Gesundheitsangaben und den ärztlichen Dokumenten fest, kann er die Leistungen komplett verweigern.
Irrtum 9: Ich habe nur noch wenige Jahre bis zur Rente
Aussitzen kann teuer werden, schließlich wächst naturgemäß das Risiko, berufsunfähig zu werden, mit jedem Lebensjahr. Erleiden Sie beispielsweise mit Ende Fünfzig einen Herzinfarkt und können nicht mehr arbeiten, kann dies ein teures Unterfangen werden. Werden Sie berufsunfähig, müssen Sie die Zeit bis zum Beginn der Altersrente aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten. Und das kostet, wie unter Punkt 4 gezeigt, sehr viel Geld.
Irrtum 10: Berufsunfähigkeitsschutz gibt's nicht ohne Lebensversicherung
Quatsch! Zwar sind solche Kombi-Policen noch immer am Markt, aber sie sind keine Pflicht. Heute ermöglichen alle Gesellschaften auch eine separate Berufsunfähigkeitsversicherung.
- Tipp: Sinnvoll kann die Kombination von Berufsunfähigkeitsversicherung und Rürup-Versicherung für Selbstständige sein. Grund: Solche Verträge sind steuerbegünstigt. In diesem Fall kann bis zu 49 Prozent der Prämie in die Berufsunfähigkeitsversicherung fließen, und der Beitrag von der Steuer abgesetzt werden.